Sonmudo
von Gudrun Graf (Kommentare: 6)

Dieser Artikel erschien in der Wege-Zeitschrift 3/2004 und in Lebens(t)räume in abgeänderter Form bereits 2/2003
Mein Weg
Damals (1992) waren mir Taiji und Qigong schon jahrelang vertraut - meine angeschlagene Gesundheit und die drohende Rollstuhl-Prophezeiung eines Arztes hatten mich schon früh veranlasst, neue und andere Wege zu suchen und zu gehen. Jetzt war die Zeit gekommen, meinen bisherigen Körper-Erfahrungen noch die Zen-Meditation hinzuzufügen. So bin ich in der kleinen Einsiedelei Golgul gelandet. Sie liegt in der Nähe von Kyong-ju (jener historischen Stdt, die weltweit als "Museum ohne Mauern" bekannt ist), inmitten der wunderbaren Berglandschaft Koreas. In Fels gehauen blickt von dort Lord Buddha über Täler, Wälder, Wasserfälle und Dörfer in Richtung Meer.
Ein handvoll ausgesprochen sportlicher und erwartungsvoll-neugierig blickender junger Männer wurden als "Lehrer" vorgestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass es sich bei diesem Tempel um jenen Ort handelt, in dem die buddhistischen Meister in Sonmudo ausgebildet werden! Um 3 Uhr 50 weckte mich ein Klopfen begleitet vom Gesang eines Mönches, der die kleine Tempelfamilie weckte. Verschlafen und fröstelnd folgte ich der Gruppe in eine eisige Felshöhle. Die folgenden 108 "Bows" (Bodenwerfungen) ließen mich aber sehr schnell wach und warm werden. Innerhalb kürzester Zeit begann ich zu begreifen, dass das Tempelleben enthaltsam, streng, karg und voller Disziplin ist - ideal zum Erwerb religiösen Wissens und kämpferischer Fähigkeiten.
Ich beschloss, diese Disziplin zu erlernen und wurde von Großmeister Seol (Jeok-un Sunim) - als erste europäische Frau - im Tempel als Familienmitglied aufgenommen. Für mich bedeutete dies nicht das Erlernen einer Kampfkunst, sondern, wie Jeok-un Sunim es ausdrückte: "Du wirst lernen, dich so zu bewegen, wie andere Menschen auch!".
Die Geschichte
Heutzutage weiß fast jeder, dass buddhistische Mönche in Tempeln über Jahrhunderte in kämpferischen Künsten trainiert wurden, welche der religiösen Disziplin ebenbürtig waren. Der chinesische Schaolin-Tempel erfährt in den letzten Jahren eine große Wiederbelebung. Auch in Japan besteht eine starke Verbindung zwischen traditionellen Waffenschulen und buddhistisch-shintoistischen Organisationen.
Weniger bekannt ist indessen, dass es auch eine koreanisch-buddhistische Kampftradition - "SonKwanMoo" (Sonmudo = Zen Martial Arts) gibt. Ihre Wurzeln reichen in die Anfänge des koreanischen Buddhismus zurück und in jene Zeiten der nicht enden wollenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit Japan. Unvergessen ist in Korea das Jahr 1592, in dem Tausende von Mönchen an der Seite des Volkes kämpften, um ihre Heimat zu verteidigen!
Sonmudo in seiner heutigen Form hat seinen Usprung im Tempel Pomo, in der Nähe von Pusan, wo der Mönch Yang-ik sein über die Jahrhunderte überliefertes Wissen an einige wenige Schüler weitergab. Einer dieser Schüler ist Mönch und Großmeister Seol, Jeok-un. Als Abt im nahegelegenen Kirim-Tempel entdeckte dieser bei seinem morgendlichen Training eines Tages die zu einer Einsiedelsei heruntergekommenen heilige Stätte Golgul und gründete dort einen Ort der Meditation und Ausbildung für Sonmudo. Aus der kleinen Einsiedelei ist inzwischen ein stattlicher Tempel geworden, wobei alle Tempelmitglieder kräftig bei den Arbeiten zugreifen, allen voran Meister Seol selbst! Unter seiner Führung trat die Gemeinschaft schließlich auch aus dem Schatten des Geheimnisumwobenen: Mit der Gründung des "Internationalen Verbandes für Sonmudo" wurde einem breiteren Publikum das Tor geöffnet.
Körper und Geist stärken
Sonmudo unterscheidet sich wesentlich von anderen koreanischen Kampfsport-Arten wie Taekwondo oder Hapkido. Es gibt weder Platten oder Ziegel zu zerschlagen, noch Schreie. Junge Mönche spezialisieren sich zwar gerne auf spektakuläre Kick-Bewegungen, welche repräsentativ für den koreanischen Kampfsport sind - das Hauptgewicht liegt in Sonmudo jedoch darin, dass die verschiedenen Kampfübungen im Einzeltraining sehr langsam gemacht werden. Das hohe Niveau von Sonmudo zeigt sich speziell in diesen langsamen Bewegungen (ähnlich wie bei Taiji und Qigong), die große Balance und Kontrolle erfordern.
Besonders ist auch die tiefe Vielfalt der Trainingsmethode: Sie besteht aus Entspannungsübungen (Dehnungen und beruhigendem Yoga), intensiven Atemübungen (Chakra-Atmung), Ki-Kung (Qigong) und dynamischen Kampfsport. Zusätzlich wird großer Wert auf gesunde Ernährung (kein Fleisch), positive Gedanken und Lebenseinstellung gelegt, um Körper und Geist zu beruhigen und zu erneuern.
Sonmudo bietet einen deutlich größeren Nutzen für die Gesundheit, als wir das normalerweise von Kampfsportarten erwarten. So ist es auch nicht erstaunlich, dass viele Schüler älter sind als der durchschnittliche koreanische Kampfsportschüler - und viele davon haben auch Erfahrungen mit anderen Stilen oder mit der Traditionellen Medizin (TCM, TKM). Wegen des hohen Niveaus des Stiles ist Sonmudo die einzige koreanische Kampfkunst, welche von Schaolin anerkannt wird, und es besteht reger Austausch zwischen beiden Schulen.
In Frankreich hat sich Sonmudo in den letzten Jahren mit Hilfe von Frédéric Foubert bereits einen Namen gemacht. Ich selbst erhielt nach intensivem Training über vier Jahre, von denen ich ein ganzes Jahr im Tempel verbrachte, die Lehr-Erlaubnis für Sonmudo (Schwerpunkt Ki-Kung).
Heute sehe ich mich als Verbindungsglied zwischen West und Ost und werde selbst Oktober und November 2009 wieder im Golgul-Tempel sein!
Ein Danke an die koreanische Familie!
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Kommentar von Franz Musil |
Lieben Gruß
Franz
Kommentar von Nikki |
Nikki
Kommentar von Dr. Komla |
Kommentar von Dr. Komla |
Kommentar von Isolde |
Sehr interessant was du alles tust und kannst. Ich hoffe doch, dass sich einmal ein Kurs mit dir ausgeht.
Liebe Grüße
Isolde
Kommentar von Gerhard Steinhauer |